Was macht eigentlich ein Family Office?

04.07.2017

Der Begriff „Family Office“ ist gesetzlich nicht definiert. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) versteht darunter Unternehmen, die sich mit der bankenunabhängigen Verwaltung großer privater Vermögen befassen.

Neben der Vermögensverwaltung erfüllen Family Offices häufig weitere Aufgaben, die grundsätzlich keine Erlaubnis nach dem Gesetz über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz - KWG) oder dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) erfordern. Hierzu zählen die allgemeine Beratung Vermögender, Mediation bei Streitigkeiten zwischen Familienmitgliedern, Buchführung, Controlling, Überwachung von Vermögensverwaltern oder allgemeine Dienstleistungen wie die Büroorganisation, Reiseplanung oder das Sicherheitsmanagement.

Die wesentlichen Attribute der Definition der BaFin sind "Bankenunabhängig""Überwachung von Vermögensverwaltern" und "Controlling". 

Eindeutig wird auch, dass eigene Produkte mit dem Begriff und der Funktion eines Family Office nicht vereinbar sind. 

 

Warum betreiben oder engagieren private Großvermögen ein Family Office?

Die wesentlichen Gründe sind das Vermögen bankenunabhängig und in verschiedenen Vermögensklassen, wie z.B. Wertpapieren, Immobilien, Beteiligungen, etc. anzulegen, den Erfolg zu überwachen und eine gesamte Erfolgsrechnung zu erstellen. 

Die Alternative zum Family Office ist die Verwaltung der einzelnen Vermögensklassen einem oder mehreren Vermögensverwaltern anzuvertrauen. Es gibt für fast jede Vermögensklasse spezialisierte Verwalter. Vertraut man das Vermögen einem Verwalter an, ist man zu 100% von dem Erfolg oder Misserfolg dieses einen Verwalters abhängig. Vertraut man es mehreren Verwaltern an, wird der Auswahlprozess komplex. Es gilt die Verwaltungsstrategien zu analysieren, zu verstehen und fortlaufend zu beobachten. Insbesondere sollte man überprüfen, wie erfolgreich die Verwalter während verschiedener (guter sowie schlechter) Marktphasen waren. Auch sollte man überprüfen, wie die Risikostruktur der Verwalterstrategien ist und ob deren Risiken sich kumulieren oder in Summe reduzieren. 

Die Inhaber großer Privatvermögen haben für eine solche Aufgabe häufig keine Kapazitäten und/oder es fehlt an dem entsprechenden Know How. Gleichzeitig sollen diese Vermögen nicht von dem Erfolg oder Misserfolg nur eines Vermögensverwalters abhängig sein. Zu welchen Resultaten letzteres führt, haben schon viele erlebt. 

Schon die Finanzkrise hat gezeigt, dass eine Risikostreuung nicht vorliegt, wenn man die Anlagen über ein immer gleiches Investmentvehikel streut. Unterschiedliche Namen gleicher Strategien reichen für eine Risikostreuung nicht aus. Im Bereich der Wertpapieranlage wird dieses Risiko auch nicht durch vielfach gelobte Regel gebundene Strategien oder Roboter reduziert. Die Regeln haben Menschen erstellt und den Roboter haben Menschen programmiert, womit wieder die Abhängigkeit von einem Verwalter besteht. 

 

Was macht also ein Family Office anders?

Für das Family Office gilt: Warum sich in Hände des Marktes oder nur eines Verwalters begeben, wenn man die Stärke der ganzen Welt nutzen kann? Als wirklich unabhängige Institution sucht ein Family Office für den Vermögensinhaber die besten Vermögensverwalter nicht nur national, sondern international aus. Dabei können und werden je nach Risikoaffinität nicht nur Verwalter ausgewählt, die alle Vermögensklassen abdecken, sondern auch Spezialisten mit Schwerpunkten und Unterschwerpunkten. Bei Immobilien können das z.B. Wohnimmobilien oder Gewerbeimmobilien sein und selbst dafür gibt es jede Menge Unterbereiche. In der Vermögensklasse Wertpapiere sind es z.B. Aktien, Anleihen, Regionen oder Kombinationen dieser. Auch hierfür gibt es jede Menge Untergruppen. Dabei betrachtet das Family Office eine sehr große Vielzahl von Vermögensverwaltern (zu denen theoretisch auch Roboter gehören können). Diese werden in Bezug auf deren Strategie, der Verlässlichkeit der Strategie (auch in schwierigen Zeiten), dem Risikomanagement und vieler weiterer Disziplinen grundlegend analysiert. Das Ergebnis dieser Analyse ist eine Art „short list“, aus welcher das Family Office die jeweiligen Verwalter für die einzelnen Strategien wählen kann.

Dem Family Office bleibt danach noch übrig, die mittel- und langfristige Strategie mit dem Vermögensinhaber abzustimmen, um anschließend (je nach Risikoaffinität, Zweck und Zielen der Anlage) diese Verwalter so zusammenzustellen, dass sie sich ergänzen, ohne das gleiche Risikoprofil zu haben. Damit wird das "Klumpen"-Verwalterrisiko signifikant reduziert. Die Risikostreuung findet also auch auf der Ebene der Verwalter statt und nicht nur auf der Ebene der Anzahl der Einzeltitel. Die Summe der Einzelrisiken ist deutlich geringer als jedes Einzelrisiko. Ist dieses Ziel erreicht, hat das Family Office seine Aufgabe erfüllt. 

Das Family Office wird die gewählten Strategien fortlaufend überwachen, mit den Verwaltern einen engen Dialog führen, die Portfolios der Verwalter auf Klumpenrisiken untersuchen und bei Bedarf entweder einen Verwalter austauschen oder das Portfoliorisiko aktiv erhöhen (wenn die Summe der Verwalter sehr vorsichtig geworden ist) oder senken (wenn die Summe der Verwalter euphorisch geworden ist). Hat das Family Office seine anfängliche Arbeit sorgfältig absolviert, wird es für solche Anpassungen wenig Gründe geben, da die Verwalter selber über einen geordneten Risikomanagementprozess verfügen. Das Ergebnis ist eine robuste und nachhaltige Entwicklung des Vermögens. 

Eine solche Aufgabe kann ein einzelner Vermögensverwalter nicht übernehmen. Meistens will er eine solche Aufgabe auch nicht übernehmen. Ein Vermögensverwalter präsentiert seine Erfolge einem Family Office und hofft dabei von dem Family Office für die „short list“ ausgewählt zu werden. 

Ein Family Office, welches eigene Produkte hat, oder Produkte Dritter gegen Zahlung von Provisionen vertreibt, sollte sich weder Family Office noch unabhängig nennen dürfen. Auch sollte ein Family Office mit den gewählten Vermögensverwaltern zwar eine professionelle, aber keine zu freundschaftliche Partnerschaft bilden. Selbst eine Einladung zu einem privaten Essen oder einer begehrten kulturellen Veranstaltung birgt das Potential, die Unabhängigkeit ein Stück weit aufzugeben. 

Leider lassen sich trotzdem Family Offices, manchmal auch Family Trusts genannt, immer wieder verleiten, eigene Produkte zu kreieren. Diese müssen dann natürlich vertrieben werden, was nicht nur zu einer erheblichen Ablenkung von den Kernaufgaben führt, sondern auch die Unabhängigkeit kostet.

Sehr große Privatvermögen gründen ihr eigenes Family Office. Große Privatvermögen (€ 25 Mio bis ca. € 150 Mio) beauftragen häufig ein Multi Family Office, wobei das Wertpapiervermögen mindestens € 5 Millionen betragen sollte. Das Digitale Family Office von Breidenbach von Schlieffen & Co. bietet die unabhängige und zugleich aufwendige Dienstleistung bereits ab einem Wertpapiervermögen von € 100.000 an.