Kassensturz

16.04.2020

 

Nach dem letzten schriftlichen Blog ("STURM" am 17. März) war es noch einige Tage sehr stürmisch. Der Blog mit dem Titel „Anarchie“ blieb uns erspart und wir hoffen sehr, dass es dabei bleibt. Die Volatilität (Versicherungsprämie) hat sich seit dem 17.3. mehr als halbiert, ist aber immer noch deutlich über dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre, was nicht für eine endgültige Beruhigung der Märkte spricht. Dazu hatten wir am 14. April 2020 einen Podcast erstellt und versandt.

Am 10. März hatten wir einen Blog mit dem Titel „Rette sich wer kann?“ geschrieben und davor gewarnt, in Panik zu verfallen. DAX & Co. haben trotz der zwischenzeitlich heftigen Verluste, den Stand vom 10.3. wieder erreicht. Ob die aktuellen Indexstände halten werden, hatten wir in dem letzten Podcast ebenfalls besprochen.

Entwicklung unserer Strategien (nach allen Kosten) im ersten Quartal 2020:

Strategie Defensiv (33% Aktien): minus 10,3%
Strategie Ausgewogen (50%): minus 13,2%
Strategie Dividende & Zins (70% Aktien): minus 15,5%
Strategie Risiko (85% Aktien): minus 18,0%

Zum Vergleich hat sich ein Depot aus dem DAX Index und deutschen Staatsanleihen (REX Index) wie folgt entwickelt (vor Kosten):

33,3% DAX / 66,7% REX: minus 9,1%
50,0% DAX / 50,0% REX: minus 14,0%
70,0% DAX / 30,0% REX: minus 19,7%
85,0% DAX / 15,0% REX: minus 23,9%

 

Um den Rückblick einzuordnen und bevor wir einen Ausblick wagen, möchten wir an dieser Stelle unsere Investitionsstrategie beleuchten.

Wir haben das klare Ziel eine positive Rendite zu erzielen, die sich zusammensetzt aus Zinsen, Dividenden und Kursgewinnen. Dafür suchen wir nach Vermögensverwaltern, die das Ziel haben, eine positive Rendite zu erzielen und in zukunftsfähige, nachhaltige und sichere Cash Flows investieren. Die Gelder, welche uns unsere Kunden zur treuhänderischen Verwaltung anvertraut haben, investieren wir in die Fonds dieser Vermögensverwalter.

 

Was sind zukunftsfähige, nachhaltige und sichere Cash Flows?

  • Gewinnwachstum von Unternehmen, die innovativ sind und dadurch Marktanteile nicht nur verteidigen, sondern auch gewinnen (z.B. Softwareunternehmen).
  • Unternehmen, die eine neue Nische belegen. Das können z.B. Unternehmen aus dem Bereich der Medizintechnik sein.
  • Unternehmen, die ressourcenschonend Güter des täglichen Bedarfs herstellen. Das sind z.B. Unternehmen aus der Nahrungsmittel oder Hygieneartikelindustrie.
  • Unternehmen, die wirkliche (knappe und teure) Luxusgüter herstellen. Für solche Güter gibt es immer Abnehmer und die Marge solcher Produkte ist in der Regel hoch.
  • Und gelegentlich (wirklich nur gelegentlich!) Unternehmen, die von einem überdurchschnittlichen volkswirtschaftlichen Wachstum überproportional profitieren. Solche Unternehmen sind in der Regel kapitalintensiv und haben meistens hohe Fixkosten. In Phasen stärkeren Wachstums können solche Unternehmen Skaleneffekte nutzen und über die höheren Umsätze die Fixkosten auf mehr Umsatz verteilen (Fixkostendegression). Das sind z.B. Unternehmen aus dem Anlagenbau, der Bauindustrie, dem Transportwesen oder auch der Ölindustrie. Solche Unternehmen werden als zyklische Unternehmen bezeichnet.
  • Unternehmen, die wenig Schulden haben und damit ertragssolider sind als Unternehmen, die viel Schulden haben. Zyklische Unternehmen sollten gar keine Schulden haben.
  • Unternehmen, die alle ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen sorgfältig und bewusst behandeln. Dazu zählen neben dem Einsatz von Rohstoffen insbesondere die Mitarbeiter, die Lieferanten, die Kunden und auch die Anteilseigner. 

Mit Ausnahme der zyklischen Unternehmen haben alle anderen Unternehmen eine relativ starke Preisdurchsetzungsmacht.

Von solchen Unternehmen kann man Aktien sowie auch Anleihen kaufen. Die von uns ausgewählten Vermögensverwalter agieren nach diesem Prinzip.

Wie an den Performancezahlen unschwer zu erkennen ist, hatte sich unsere Strategie „Defensiv“ per Ende März schlechter als ein defensives DAX/REX Portfolio entwickelt. Ab der Strategie „Ausgewogen“ war der Erfolg besser und per 14. April 2020 (siehe Tabelle unten) ist kein Unterschied zu einem defensiven DAX/REX Portfolio mehr zu erkennen.

Ist die Kombination aus DAX & REX risikoärmer? Wir denken nicht!

Zum einen sind viele Unternehmen im DAX Index nicht risikoarm und zum anderen ist auch die weitere Entwicklung von deutschen Staatsanleihen nicht unbedingt risikoarm.

Deutsche Staatsanleihen bieten schon seit langem keine positiven Zinsen mehr. Das gleiche gilt für Anleihen aus der Schweiz sowie Japan. Staatsanleihen der USA bieten zwar noch eine kleine positive Rendite. Sichert man das Währungsrisiko ab, verbleibt jedoch eine negative Rendite. Das Gleiche gilt für Staatsanleihen aus Australien, Norwegen, Polen, Singapore oder United Kingdom. Italien und Griechenland bieten auch noch positive Renditen. Deren Verschuldung ist allerdings so hoch, dass die Risikoaufschläge zu gering erscheinen.

Natürlich bieten Staatsanleihen finanzstarker Länder einen gewissen Schutz und streuen das Risiko. Das hat man in der aktuellen Krise zumindest vorrübergehend gesehen. Fallen die Renditen, steigen die Kurse der Staatsanleihen. Auf dem aktuellen Renditeniveau für 10-jährige deutsche Staatsanleihen wäre es sogar so, dass ein Renditerückgang von 0,5% zu einem Kursanstieg der Anleihe von 5% führen würde. Wenn also der DAX um 25% fallen würde und dafür der Kurs der 10-jährigen Staatsanleihe um 5% steigen würde, hätte man mit einem reinen Rentenportfolio 30% besser als der DAX abgeschnitten.

Regelmäßig darauf zu setzen, dass die Renditen von Staatsanleihen immer weiter fallen und man auf diese Weise Kursgewinne realisieren kann, kann kein Zukunftsmodell sein. Es kann erst recht kein Zukunftsmodell sein, wenn man bedenkt, dass die im Zuge der Coronakrise neu aufgenommenen Staatsschulden irgendwann zurückgezahlt werden müssen. Wenn sich dazu ein gewisses Maß an Solidarität finanzstarker Länder gegenüber weniger finanzstarken Ländern gesellt, stellt sich schnell die Frage, ob die aktuellen Risikoprämien immer noch richtig sind oder vielleicht auch für die finanzstarken Länder höher sein sollten. Natürlich kann sich der Staat zu jeder Zeit bei seinen Steuerzahlern bedienen. Ob das in einem Umfeld schwachen Wachstums eine gute Idee ist, ist sehr zu bezweifeln. Die Staatsanleihe ist nichts anderes als eine gebührenpflichtige Geldaufbewahrung. Darauf zu setzen, dass diese Gebühren immer weiter steigen und man dann als Investor die Gebühren gewinnbringend veräußern kann, erscheint uns eine Wette. Zur Coronakrise ging sie zunächst auf. Ob man ohne die Coronakrise mit Staatsanleihen eine positive Rendite hätte erzielen können, ist zumindest fraglich. Und darauf zu setzen, dass eine Krise die nächste jagt und damit die Kurse deutscher Staatsanleihen immer weiter steigen (die Renditen würden fallen), hat schon etwas zynisches.

In den Strategien „Defensiv“, „Ausgewogen“ sowie „Dividende & Zins“ nutzen wir u.a. sechs Vermögensverwalter, die alle Freiheitsgrade haben und trotzdem nach Rendite suchen. 3 dieser 6 Verwalter nutzen gelegentlich Staatsanleihen als eine Art preiswerte Versicherung. Aber auch für diese 3 Verwalter sind Staatsanleihen kein Basisinvestment.

 

An dieser Stelle ist ein Ausflug in das Verhältnis von Rendite und Risiko sinnvoll.

Der sogenannte „risikofreie“ Zins kann für deutsche Investoren wohl in der Rendite einer zwei jährigen deutschen Staatsanleihe definiert werden. Deren Rendite ist minus 0,7%. Davon abgezogen werden müssen die Transaktionskosten und Depotbankkosten, so dass es in Summe ca. minus 1% sein wird.

Wichtig zum Verständnis der Anlagemöglichkeiten ist das Verhältnis zwischen Rendite und Risiko. Das sogenannte magische Dreieck der Vermögensanlage bezeichnet die untereinander konkurrierenden Ziele zwischen Renditemaximierung, Sicherheit und Liquidität. Rendite und Risiko bei Anlagen stehen in einem engen Verhältnis zueinander. In der Regel kann bei Wertpapieren eine höhere Rendite nur unter Inkaufnahme eines erhöhten Risikos erzielt werden. Renditestarke Anlagen sind in der Regel mit einem höheren Risiko verbunden. Ein weiterer Zielkonflikt ergibt sich zwischen Rendite und Liquidität. Eine maximale Liquidität ist in der Regel nur zu Lasten der Rendite möglich. Schließlich spielt auch der Zeithorizont eine bedeutende Rolle. Die einer Wertpapieranlage zugrundeliegenden Anlageziele können in der Regel nur unter Berücksichtigung einer bestimmten Anlagedauer erreicht werden. Hier erklärt sich, warum deutsche Staatsanleihen die geringste Rendite haben. Sie sind liquide und erscheinen sicher.

Es ist wahrscheinlich für jeden einleuchtend, dass ein Unternehmen aus der Hygieneartikel-industrie, welches keine Schulden hat, eine größere Wahrscheinlichkeit hat, in 5 Jahren noch zu existieren als ein Stahlunternehmen mit hohen Schulden.

Wenn man also in Aktien und Anleihen von Unternehmen mit zukunftsfähigen, nachhaltigen und sicheren Cash Flows investiert, erscheint das Geschäftsrisiko gering. Damit bleibt das Liquiditätsrisiko als wesentlicher Risikofaktor.

Dieses Liquiditätsrisiko hat unsere Portfolios im ersten Quartal besonders belastet. Während Staatsanleihen fast immer liquide sind, gilt das für Unternehmensanleihen nicht. Dieser Sachverhalt wurde im Zeitraum vom 16.03. bis 20.03. sichtbar. Es kam zu einer Liquiditätsklemme, die am 20.03. ihren Höhepunkt hatte. Die Kurse von Unternehmensanleihen (bonitätsstarke Unternehmen aus den USA) fielen in dieser Woche ca. 15%.  Auch Staatsanleihen der USA wurden von der Liquiditätsklemme nicht verschont, verloren aber „nur“ 3,5%. Die Kurse deutscher Staatsanleihen verloren sogar nur 2,5%.

Da unser Investmentstil „Renditeorientiert“ ist und damit unsere Strategie „Defensiv“ ein besonders hohes Gewicht in bonitätsstarken Unternehmensanleihen hat, hat sich diese Strategie im März im Verhältnis zu den anderen Strategien besonders schlecht entwickelt. Mittlerweile haben die großen Zentralbanken dem Markt für Unternehmensanleihen ausreichend Liquidität zur Verfügung gestellt, so dass sich die Lage deutlich beruhigt hat und sich die zwischenzeitliche Prämie für die fehlende Liquidität reduziert hat, was zu Kursteigerungen der Anleihen geführt hat. So hat sich auch unser Portfolio der defensiven Strategie seit Ende März besser entwickelt als ein DAX/REX Portfolio. Das Gleiche gilt auch für die anderen 3 Strategieportfolios.

An dieser Stelle möchten wir an den Unterschied zwischen Wert und Preis erinnern. Der Preis ist das, was man sieht. Der Wert ist etwas anderes. Dieser kann höher oder tiefer sein. Hier erlauben wir uns an den Unterschied zwischen dem schuldenfreien Hygieneartikelhersteller und dem verschuldeten Stahlbauer zu erinnern. Wir überlassen es den Lesern zu beurteilen, bei welchem Unternehmen der Wert einfacher zu bestimmen ist.

Da sich insbesondere die Kurse (Preise) der Unternehmensanleihen so schlecht entwickelt haben, haben wir mit den Verwaltern insbesondere zu diesem Punkt einen engen Dialog geführt. Auch kennen wir die Anleihepositionen in den Fonds recht gut. Die Preisverwerfungen Ende März haben im Bereich der Unternehmensanleihen Chancen geliefert, wie man sie seit langer Zeit nicht mehr gesehen hat. Um mit Staatsanleihen erneut Geld zu verdienen, müssen deren Aufbewahrungsgebühren noch weiter steigen. Bei Unternehmensanleihen ist das nicht nötig. Allein die laufende Verzinsung (Zinscoupon/Kurs der Anleihe) ist attraktiver als jede Staatsanleihe. Aus dem Grund wagen wir den Ausblick, dass man mit Unternehmensanleihen solider, zukunftsfähiger Unternehmen in den nächsten Monaten eine positive Rendite erzielen wird.

 

Was ist mit Aktien?

In der WELT AM SONNTAG vom 12. April findet man auf der Seite 43 einen Artikel mit der Überschrift „Mit diesen Aktien trotzen Sie der Inflation“.

Wo die Inflation herkommen soll, haben wir nicht verstanden. Inflation benötigt zwei Parameter, nämlich eine hohe Geldmenge und eine hohe Umlaufgeschwindigkeit des Geldes. Eine hohe Geldmenge alleine reicht nicht, um inflationär zu wirken.

In dem Artikel ist eine Liste von Aktien zu finden, die wahrscheinlich die meisten Herzen höher schlagen lässt, wobei unser Herz nicht für alle diese Titel höher schlägt. Über die Fonds, die unsere Kunden in ihren Portfolios haben, sind sie seit Jahren in 75% der in dem Artikel genannten Unternehmen investiert, denn wir investieren das uns zur Verwaltung anvertraute Geld durch die von uns gewählten Manager in Unternehmen mit zukunftsfähigen, nachhaltigen und sicheren Cash Flows.

Auch bei diesen Aktien gilt es, den Unterschied zwischen Preis und Wert zu erkennen. Ist der Preis unter dem Wert, muss es zwangsläufig ein gutes Investment sein.

Während wir bei der Preisgestaltung von Unternehmensanleihen mit den Zentralbanken einen Verbündeten haben, gibt es diesen Verbündeten bei Aktien nicht. Entsprechend können und werden wir keine Aussage zur Kursentwicklung von Aktien bis zum Ende des Jahres machen. Aber für eine Sicht ab 2 Jahren sind wir sehr zuversichtlich, dass sich die Spanne zwischen Preis und Wert bei den Unternehmen in den Portfolios unserer Kunden geschlossen haben wird.

Welchen Wert Staatsanleihen in der Zukunft haben werden, vermögen wir nicht zu beurteilen.

 

Was also ist der Stand der Portfolio-Strategien per 14. April im Vergleich zu DAX/REX?

Der Stand per 14. April 2020 ist wie folgt:

Strategie Defensiv (33% Aktien): minus 6,9%
Strategie Ausgewogen (50%): minus 9,3%
Strategie Dividende & Zins (70% Aktien): minus 11,05%
Strategie Risiko (85% Aktien): minus 12,8%

Zum Vergleich hat sich ein Depot aus dem DAX Index und deutschen Staatsanleihen (REX Index) zum 14. April 2020 wie folgt entwickelt (vor Kosten):

33,3% DAX / 66,7% REX: minus 6,9%
50,0% DAX / 50,0% REX: minus 10,8%
70,0% DAX / 30,0% REX: minus 15,4%
85,0% DAX / 15,0% REX: minus 18,9%

 

Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.

 

 

Herzlichst,

Ihr BvS & Co. Team

 

 

HINWEIS:

Dieser Beitrag und dessen Inhalt stellen keinerlei Handlungsempfehlung dar, sondern dienen lediglich der Information. Vergangene Performance ist keine Garantie für zukünftige Performance. Auch die Nennung einzelner Titel stellt keine Handlungsempfehlung dar, sondern dient ausschließlich der Veranschaulichung von Informationen.